1,000 Unterschriften erreicht
An: Kantonsgericht Luzern
Kein Victim Blaming
Offener Brief ans Kantonsgericht des Kantons Luzern
Sehr geehrte Damen und Herren
Luzern, 20. Juli 2019
Aufgrund der Berichterstattung von Journalistin Lena Berger im Artikel «Junge Frau von Luzerner Taxifahrer vergewaltigt» auf zentralplus über eine Verhandlung am Mittwoch 17.Juli 2019, fordern wir das Kantonsgericht Luzern zu einer Stellungnahme auf, weshalb ein solch unglaublicher Umgang mit Opfern in einem Luzerner Gerichtssaal toleriert wird.
Erst fordert ein Mitglied des Gerichts die Frau auf, von sich aus frei von dem Vorfall zu berichten. Bereits nach wenigen Sätzen unterbricht es. Konfrontiert die Zeugin damit, dass ihre Aussage in einem Punkt leicht von dem abweicht, was sie vor sieben Jahre gesagt hat.
Es folgen weitere Fragen. (...) Was sie getragen habe. Welche Farbe das Kleid hatte. (...) Ob sie sehr betrunken gewesen sei. Und plötzlich wird über die Länge des Rockes geredet und darüber, wie tief der Ausschnitt war.
Fragen zur Länge eines Rockes und der Tiefe eines Ausschnitts sind in dieser Sache nicht von Belangen und implizieren eine Mitschuld des Opfers.
Victim Blaming nennt man das: die gesellschaftliche Tendenz, eher das Verhalten des Opfers (meist weiblich) zu hinterfragen, als den Täter (meist männlich) zur Verantwortung zu ziehen.
Die Schuld bei einer Vergewaltigung, sexuellen Nötigung oder Belästigung liegt immer und alleine beim Täter*.
Das Mitglied des Luzerner Gerichts jedoch impliziert die Mitschuld des Opfers und dies ist in keiner Weise tolerierbar. Fragen zu Glaubwürdigkeit sind sachlich zu stellen.
Nach ihren Gefühlen während der Fahrt wird die Frau von dem Gerichtsmitglied nicht gefragt. Es ist der Gerichtspräsident, der dies schliesslich nachholt. (...) Schliesslich ist die Befragung durch. Wie üblich bekommt die Frau einen Zeugenlohn von 50 Franken und eine Spesenentschädigung von 40 Franken. Der Betrag wird um 10 Franken aufgerundet. «Dann reicht es noch für einen Kaffee in diesem herrlichen Luzern», meint das Gerichtsmitglied, das sie befragt hatte.
Ein Opfer derart zu verhöhnen, und ihr 10 Franken mehr Zeugenlohn anzubieten, für einen Kaffee in der herrlichen Stadt, in welcher sie sexuell genötigt wurde, ist absolut inakzeptabel und zeugt von keinerlei Respekt gegenüber dem Opfer. Dass im Gerichtssaal so mit Menschen umgegangen wird, ist nicht akzeptabel.
Die Befragung des Beschuldigten selber fällt sehr kurz aus. Er muss nicht den Platz direkt vor dem Richtergremium einnehmen, wie es die Zeugin zuvor musste. Er bleibt neben seinem Verteidiger sitzen.
Dass ein Opfer direkt vor das Richtergremium treten muss, vorgeführt wird und sich Fragen über ihre Kleidung gefallen lassen muss, während ein Täter* nur kurz befragt wird, und dabei gemütlich neben seinem Verteidiger sitzen bleiben darf, ist eine unglaubliche Frechheit und zeugt von keinerlei Respekt vor der Gefühlslage des Opfers.
Wir verlangen aus all diesen Gründen eine Stellungnahme und fordern, dass künftig solche impliziten Zuweisungen von Mitschuld der Opfer an Sexualdelikten unterlassen werden und dass Massnahmen geprüft werden, die die Sensibilität bei Befragungen von Gewaltopfern erhöhen.
Mit feministischen Grüssen
Redaktion.Frauenstreik.Luzern
im Namen des Luzerner Frauenstreik Komitees
Sehr geehrte Damen und Herren
Luzern, 20. Juli 2019
Aufgrund der Berichterstattung von Journalistin Lena Berger im Artikel «Junge Frau von Luzerner Taxifahrer vergewaltigt» auf zentralplus über eine Verhandlung am Mittwoch 17.Juli 2019, fordern wir das Kantonsgericht Luzern zu einer Stellungnahme auf, weshalb ein solch unglaublicher Umgang mit Opfern in einem Luzerner Gerichtssaal toleriert wird.
Erst fordert ein Mitglied des Gerichts die Frau auf, von sich aus frei von dem Vorfall zu berichten. Bereits nach wenigen Sätzen unterbricht es. Konfrontiert die Zeugin damit, dass ihre Aussage in einem Punkt leicht von dem abweicht, was sie vor sieben Jahre gesagt hat.
Es folgen weitere Fragen. (...) Was sie getragen habe. Welche Farbe das Kleid hatte. (...) Ob sie sehr betrunken gewesen sei. Und plötzlich wird über die Länge des Rockes geredet und darüber, wie tief der Ausschnitt war.
Fragen zur Länge eines Rockes und der Tiefe eines Ausschnitts sind in dieser Sache nicht von Belangen und implizieren eine Mitschuld des Opfers.
Victim Blaming nennt man das: die gesellschaftliche Tendenz, eher das Verhalten des Opfers (meist weiblich) zu hinterfragen, als den Täter (meist männlich) zur Verantwortung zu ziehen.
Die Schuld bei einer Vergewaltigung, sexuellen Nötigung oder Belästigung liegt immer und alleine beim Täter*.
Das Mitglied des Luzerner Gerichts jedoch impliziert die Mitschuld des Opfers und dies ist in keiner Weise tolerierbar. Fragen zu Glaubwürdigkeit sind sachlich zu stellen.
Nach ihren Gefühlen während der Fahrt wird die Frau von dem Gerichtsmitglied nicht gefragt. Es ist der Gerichtspräsident, der dies schliesslich nachholt. (...) Schliesslich ist die Befragung durch. Wie üblich bekommt die Frau einen Zeugenlohn von 50 Franken und eine Spesenentschädigung von 40 Franken. Der Betrag wird um 10 Franken aufgerundet. «Dann reicht es noch für einen Kaffee in diesem herrlichen Luzern», meint das Gerichtsmitglied, das sie befragt hatte.
Ein Opfer derart zu verhöhnen, und ihr 10 Franken mehr Zeugenlohn anzubieten, für einen Kaffee in der herrlichen Stadt, in welcher sie sexuell genötigt wurde, ist absolut inakzeptabel und zeugt von keinerlei Respekt gegenüber dem Opfer. Dass im Gerichtssaal so mit Menschen umgegangen wird, ist nicht akzeptabel.
Die Befragung des Beschuldigten selber fällt sehr kurz aus. Er muss nicht den Platz direkt vor dem Richtergremium einnehmen, wie es die Zeugin zuvor musste. Er bleibt neben seinem Verteidiger sitzen.
Dass ein Opfer direkt vor das Richtergremium treten muss, vorgeführt wird und sich Fragen über ihre Kleidung gefallen lassen muss, während ein Täter* nur kurz befragt wird, und dabei gemütlich neben seinem Verteidiger sitzen bleiben darf, ist eine unglaubliche Frechheit und zeugt von keinerlei Respekt vor der Gefühlslage des Opfers.
Wir verlangen aus all diesen Gründen eine Stellungnahme und fordern, dass künftig solche impliziten Zuweisungen von Mitschuld der Opfer an Sexualdelikten unterlassen werden und dass Massnahmen geprüft werden, die die Sensibilität bei Befragungen von Gewaltopfern erhöhen.
Mit feministischen Grüssen
Redaktion.Frauenstreik.Luzern
im Namen des Luzerner Frauenstreik Komitees
Warum ist das wichtig?
Fragen zu den getragenen Kleider suggerieren eine Mitschuld des Opfers an der Tat. Alleine aber der Täter hat Schuld an seinem Begehen.