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An: Regierungsrat Marcus Caduff, Regierung des Kantons Graubünden

Bezahlbare Kinderbetreuung für alle

Bezahlbare Kinderbetreuung für alle | Assistenza all’infanzia accessibile a tutti | Tgira d’uffants pajabla per tuts
Geschätzte Regierung 
Geschätzter Herr Regierungsrat Caduff

Im Herbst 2022 wurde bekannt, dass die Regierung mit einer Revision des Gesetzes über die Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung im Kanton Graubünden (KIBEG) «die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit stärken sowie die Entwicklung von Kindern fördern» möchte. Diese Auslegung, dass zukünftig alle Familien mehr entlastet werden, verstärkte sich nochmals durch die Mitteilung im Frühling 2025, die wie folgt titelte: «Familienergänzende Kinderbetreuung wird in Graubünden ab Sommer 2025 günstiger».

Wir, eine Interessensgemeinschaft von Müttern und Vätern aus Graubünden, sowie viele weitere Familien im Kanton, haben uns viel von dieser Revision erhofft – und wurden bald darauf bitter enttäuscht. Es sind nicht «wenige», sondern «einige» von uns, welche seit Einführung des neuen KIBEG mit deutlichen Verschlechterungen konfrontiert werden – sei es auf Seiten des Angebots der Kindertagesstätten oder der Tagesfamilien:

  • Der maximale Tagesansatz, den Betreuungseinrichtungen verlangen durften, betrug bislang CHF 120 pro Tag, unabhängig vom Alter des Kindes. Mit der Revision steigt dieser Betrag deutlich: Die Einrichtungen können den Eltern neu bis zu 150% der Normkosten verrechnen (Kinder 3 – 18 Monate bis zu CHF 262.35, ab 18 Monaten bis zu CHF 174.90 pro Tag). Ein Grossteil der Einrichtungen hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Ansätze erhöht. Dadurch entfallen für viele Familien die Einsparungen vollständig, teils erfolgt sogar ein markanter Kostenanstieg.
  • Der Säuglingstarif (Kinder 3 – 18 Monate) führt selbst bei tieferen Einkommen schnell zu Mehrkosten. Waren zuvor einige Kitas frei von einem Säuglingstarif, hatten andere einen Zuschlag von lediglich 20%. Nach der Revision wird überall ein Zuschlag von 50% auf die Eltern abgewälzt. 
  • Der Geschwister-Rabatt, welcher vielerorts üblich war (10 – 20%), entfällt mit der Revision gänzlich und belastet so Familien mit mehreren Kindern finanziell erheblich.
  • Die Mahlzeiten, welche zuvor im Tagestarif inkludiert waren, werden nun zusätzlich auf die Betreuungskosten aufgeschlagen.
  • Als Grundlage für die Berechnung der Vergünstigungen zählt neu nebst dem steuerbaren Einkommen und Vermögen auch die Säule 3a. Wer fürs Alter oder für ein Eigenheim spart, wird damit benachteiligt.
  • Bei fehlenden Zahlen aus der Steuererklärung wird 65% der provisorischen Vergünstigungen angerechnet. Gewisse Familien erhalten so auf unbestimmte Zeit weniger, als ihnen zustünde und für sie finanziell tragbar ist. Andere zahlen temporär weniger als sie müssten, werden später jedoch mit Nachzahlungen konfrontiert.

Regierungsrat Marcus Caduff äusserte sich gegenüber der Zeitung «Südostschweiz» wie folgt : «Für alleinerziehende / gemeinsam erziehende Personen mit Einkommen von CHF 50'000 – 100'000 verringern sich die Kita-Kosten». Gehen wir von einem Bündner Brutto-Medianlohn von rund CHF 70'00075'000 pro Jahr aus, zeigt sich klar, dass die zweite, arbeitende Person im Haushalt kein hohes Pensum oder überdurchschnittlich hohen Lohn haben muss, damit eine Familie diese Grenze von CHF 100'000 überschreitet.
 
So bleiben für viele Familien nicht nur die angekündigten Vergünstigungen aus, sie werden finanziell sogar stärker belastet als zuvor. Dieser Fakt widerspricht dem Ziel der Regierung, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie grundsätzlich gestärkt werden soll, deutlich.

Auch wenn wir die Vorteile für Geringverdienende und Alleinerziehende begrüssen, ist es für uns nach wie vor nicht verständlich, wie die Berechnungen und Überlegungen des Kantons dermassen am Mittelstand vorbeizielen konnten. Unter diesen neuen Stressfaktoren für die Eltern ist das Wohlergehen der Kinder zusätzlich in Frage zu stellen.

Das Nachsehen an der jetzigen Situation haben zudem vor allem Frauen. Sie verdienen oft weniger und sind auch heute häufiger der Elternteil, der die Betreuung der Kinder zuhause sicherstellt. In der Schweiz haben wir nebst den 14 Wochen Mutterschaftsurlaub keinerlei Familienzeit. Eine Folge davon ist, dass viele Frauen bereits nach 14 Wochen gezwungen sind, ihre Berufstätigkeit wieder aufzunehmen, um den Arbeitsplatz nicht zu verlieren. Gleichzeitig sehen sie sich mit zusätzlichen Wiedereinstiegshürden konfrontiert: Die höheren Betreuungskosten lassen sich für viele nicht mehr mit dem Einkommen aus dem Teilzeitpensum decken, was Erwerbstätigkeit zunehmend zum Privileg macht.

Unter uns sind Ärztinnen und Ärzte, Personal aus dem Gesundheitswesen und Personen mit weiteren systemrelevanten Berufen – ist die Regierung sicher, dass der Kanton Graubünden auf diese und viele weitere Fachpersonen verzichten kann?

Das geplante Zuwarten der Regierung könnte nicht nur wirtschaftliche Nachteile mit sich bringen, sondern dem Kanton zudem den Ruf eines familienunfreundlichen Arbeits- und Wohnstandorts einhandeln. Damit würde genau das Gegenteil der laufenden Bemühungen zur Verbesserung der Standortattraktivität bewirkt. Ein Imageschaden, der sich unter Umständen nur schwer wieder korrigieren lässt.

Wir bitten die Regierung und Sie, Herr Regierungsrat Caduff, eindringlich, die vorliegenden Zahlen und Fakten zu prüfen und zeitnah Verbesserungen in die Wege zu leiten.

Warum ist das wichtig?

Die ab 1. August 2025 gültige Gesetzesrevision über die familienergänzende Kinderbetreuung im Kanton Graubünden hatte das Ziel, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu stärken.
Es zeichnet sich nun aber bereits deutlich ab, dass viele Familien signifikant mehr zahlen als zuvor. Dieser Zustand wirkt sich mehrfach nachteilig aus: 

  • Finanzielle Mehrbelastungen sorgen für Stress und eine schlechtere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Darunter leiden auch die Kinder.
  • Mütter wählen den Berufsausstieg, weil es sich finanziell nicht mehr lohnt zu arbeiten.
  • Die Lohnschere zwischen Frauen und Männern wird damit grösser.
  • Familien ziehen aus dem Kanton weg, weil die Vorteile für sie nicht mehr überwiegen.
  • Betreuungseinrichtungen verlieren Einnahmen und bekommen damit neue Probleme.
  • Der ohnehin bestehende Fachkräftemangel verschärft sich, was die Wirtschaft langfristig schwächt.
  • Weniger Erwerbstätigkeit durch Berufsausstiege, Pensumsreduktionen und Wegzüge bedeuten weniger Einzahlungen in die AHV.
  • Fehlende BVG-Beiträge der Frauen erhöhen das Risiko von (weiblicher) Altersarmut.

Wie die Unterschriften übergeben werden

Als Beilage zum offenen Brief an die Regierung

Graubünden, Schweiz

Maps © Stamen; Data © OSM and contributors, ODbL

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2025-10-24 16:57:58 +0200

500 Unterschriften erreicht

2025-10-24 10:05:11 +0200

100 Unterschriften erreicht

2025-10-24 09:24:13 +0200

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2025-10-24 09:08:42 +0200

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2025-10-24 09:00:35 +0200

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