Liebe Frau Bundespräsidentin
Seit 16. März appellieren Sie an die Eigenverantwortung betreffend „Social Distancing“. Sie haben den Ernst der Lage erkannt – bis auf die Situation in den Kasernen.
Es ist untragbar, dass die Schweizer Rekruten nach dem Wochenendurlaub, am 15. März wieder in die Rekruten-Schule – eine obligatorische Schule, wie der Name sagt - einrücken mussten und mittlerweile an Wochenende nicht mehr nach Hause gehen dürfen. Sie werden jetzt auch übers Weekend eingesperrt mit dem Risiko, dem psychischen Druck und der Angst, sich anzustecken, obwohl die meisten von ihnen bei der Pandemiebekämpfung gar nicht eingesetzt werden. Das ist untragbar und unwürdig.
Warum dies Tausende von Rekruten, Soldaten und Angehörige so beschäftigt: Die Befolgung der bundesrätlichen Anweisungen, insbesondere das "Social Distancing", ist in den Rekrutenschulen und Kasernen nicht möglich. Während die Bevölkerung "Abstand hält" und "zu Hause bleibt", um die Verbreitung des Virus einzudämmen, stecken sich die jungen Männer in den Kasernen ohne Ausweichmöglichkeiten täglich gegenseitig an.
Wohin soll das führen? Sollen sie so lange in den Kasernen eingesperrt sein, bis alle infiziert sind? Warten wir dann einfach darauf, dass sie wieder gesund werden in der Hoffnung, dass keiner von ihnen zum ernsten Fall wird und ein Spitalbett benötigt?
Wir fordern den sofortigen geordneten Abbruch der laufenden Rekrutenschulen für alle Rekruten, welche auch in naher Zukunft der Corona-Krise nicht entgegenwirken können.
D.h. Rekruten, die in naher Zukunft in der Corona-Krise nicht benötigt werden und gesund sind oder eine Quarantäne hinter sich haben und gesund sind, sollen nach Hause gehen können.
Warum ist das wichtig?
Die Rekruten schlafen in Zimmern mit bis zu zehn Personen in einem Raum, benutzen dieselben sanitären Anlagen, essen gemeinsam (benutzen in vielen Kasernen sogar dieselbe Schöpfkelle) und verbringen statt 5 jetzt sogar 7 Tage in der Woche Tag und Nacht gemeinsam. Sie haben wenige bis keine Rückszugsmöglichkeiten und sind der Ansteckungsgefahr ausgeliefert.
Ein Artikel in der Aargauer Zeitung vom 24. März 2020 macht die Situation deutlich: https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/rekruten-missachten-abstandsregeln-wie-sich-der-brigadier-das-erklaert-137335149
Rekrutenaussagen aus den sozialen Medien: "In der täglichen Ausbildung ist nicht an Social Distancing zu denken.", "In einem Zimmer schlafen mindestens zehn Personen. Abstand zwischen zwei Betten: Rund 70 Zentimeter. Massnahme, um das Social Distancing einzuhalten: Jeder Zweite dreht sich im Bett, nun schlafen wir Kopf-an-Fuss."
Ein Armeeverantwortlicher sagte mir am Telefon: "Meiner Meinung nach, wäre es das Beste, wenn sich alle Rekruten einem Test unterziehen würden und die gesunden Rekruten nach Hause geschickt werden würden." Genau das fordere ich im Sinne aller betroffenen Rekruten und deren Angehörigen. Die Lage ist zu ernst. Jeder Rekrut oder Soldat, der nur infolge Unwissenheit oder Sturheit an einer Lungenmaschine landet, ist einer zu viel.
Es ist mir bewusst, dass die Armee die Zivilbevölkerung in dieser schweren Krise unterstützen muss, und ich bin dankbar dafür, aber die jetzige Vorgehensweise ist nicht akzeptabel.
Der geordnete Abbruch der laufenden Rekrutenschule bedeutet:
- Schutz der Gesundheit der Schweizer Bevölkerung, auch der Rekruten
- Schonung der Gesundheitsinstitutionen
- Konsequente Durchführung der vom Bund beschlossenen Massnahmen
- Schonung der Armee-Ressourcen, welche zur Unterstützung im Engagement gegen das Corona-Virus gebraucht werden.
Warten Sie nicht, bis es zu spät ist und schicken sie die gesunden Rekruten, die in der Corona-Krise nicht benötigt werden, nach Hause, indem Sie die Rekrutenschulen abbrechen. Der Preis ist zu hoch, weiteres Zuwarten fahrlässig.