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An: An den Grossen Rat des Kantons Bern und an den Regierungsrat des Kantons Bern
Stopp – es ist genug! Keine Mehrentnahmen am Reichenbachfall

Sehr geehrte Frau Grossratspräsidentin, sehr geehrte Grossrätinnen und Grossräte
Sehr geehrte Frau Präsidentin des Regierungsrates, sehr geehrte Regierungsrätinnen und Regierungsräte
Besorgte Haslerinnen und Hasler sowie zahlreiche Gäste, Freundinnen und Freunde des Haslitales wehren sich gegen die Pläne der BKW zur Erhöhung der Entnahmemenge im Wasserkraftwerk Schattenhalb 3 sowie der Stiftung Kraft & Wasser zur Wiederinbetriebnahme des stillgelegten Wasserkraftwerks Schattenhalb 2 zur Stromproduktion. Die Baudirektion hat die Konzession dazu bereits erteilt. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig, lokale und nationale Organisationen haben Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingereicht.
Der Regierungsrat hat den Konzessionsbeschluss zur Mehrentnahme von Schattenhalb 3 ausgearbeitet, ohne auf die Argumente der Einsprechenden einzugehen. Der Beschluss soll in der Sommersession durch den Grossen Rat behandelt werden.
Die Unterzeichnenden fordern, dass im Interesse der Bevölkerung und des Tourismus künftig nicht weniger, sondern wieder mehr Wasser über den Reichenbach fliessen soll und bitten
· den Grossen Rat, die Konzession zur Mehrentnahme zu verweigern und den Reichenbachfall unter allgemeinverbindlichen Schutz zu stellen
· den Regierungsrat, die Konzessionsbestimmung zum Wasserkraftwerk Schattenhalb 3 betreffend Stilllegung von Schattenhalb 2 durchzusetzen (v.a. Verlegung der Freileitung in die stillgelegte Druckleitung) und die nötigen Vorkehrungen zum allgemeinverbindlichen Schutz des Rechenbachfalles zu veranlassen
Natur und Landschaft werden es Ihnen danken
Warum ist das wichtig?
Der Grosse Reichenbachfall ist gemäss behördenverbindlichem Richtplan geschützt. Der Kanton müsste ihn vor zusätzlichen Eingriffen bewahren und unter allgemeinverbindlichen Schutz stellen.
Doch der Grosse Reichenbachfall wird mit dem Wasserkraftwerk Schattenhalb 3 (WKW SH3) der BKW seit 15 Jahren übernutzt. Gemäss Konzession von 2006 dürften beim Staubecken Zwirgi maximal 2800 l/s für die Stromproduktion entnommen und bis in den Talboden genutzt werden. Tatsächlich turbinieren die BKW teils über 3000 l/s (wohl ohne entsprechende Bewilligung).
Mit dem WKW SH3 sind die bisherigen Wasserkraftwerke Schattenhalb 1 (WKW SH1) und Schattenhalb 2 (WKW SH2) ersetzt worden. Da das veraltete WKW SH 2 ebenfalls denn Grossen Reichenbachfall genutzt hat, ist dieses überflüssig geworden. In den Konzessionsbestimmungen zum WKW SH 3 ist daher festgeschrieben worden, dass das WKW SH 2 ausser Betrieb zu nehmen und mit einigen Ausnahmen abzubrechen ist. Insbesondere soll die Freileitung zur Versorgung von Zwirgi, Lugen und Falchern verkabelt und in die stillgelegte 100jährige Druckleitung verlegt werden. Damit verschwindet die auffällige Waldschneise und das dortige Waldschutzgebiet wird aufgewertet.
Aufgrund einer sog. Schutz- und Nutzungsplanung (SNP) müssen die BKW im Sommer tagsüber lediglich ein Restwasser von mindestens 850 l/s über den Fall laufen lassen. Das ergibt weder Wasserschleier noch -Rauschen. Nachts sind es noch kaum wahrnehmbare 135 l/s und im Winter gar nichts mehr. BKW-Tag und –Sommer-Regime halten sich an die Betriebszeiten der Reichenbachfall-Bahn, welche den BKW gehört. Das bedeutet: von 18 Uhr bis 8 Uhr im „Sommer“, von ca. Mitte Mai bis Mitte Oktober, wird abends bis zum Eindunkeln oft eine kahle Felswand beleuchtet, am Morgen suchen Einheimische und Gäste vergeblich nach dem Naturschauspiel. Endgültig trocken wird der Fall dann von Mitte Oktober bis Mitte Mai. So hat sich die Haslitalerbevölkerung mit Sommer und Winter sowie Tag und Nacht gewaltig täuschen lassen. Viele Gäste haben das auch schon bemerkt und stören sich daran.
Dank der Sonderregelung hat das WKW SH3 mit einer Leistung von 9‘900 KW den BKW bisher zusätzlich über 50 Mio. Franken an KEV-Geldern eingebracht (kostendeckende Einspeisevergütung für Kleinwasserkraftwerke, damals bis zu einer Obergrenze von 10 MW).
Nun beabsichtigen die BKW, den Wasserfall noch mehr zu schröpfen. Sie haben beim Kanton das Gesuch um Erhöhung der Entnahmemenge um 20% auf 3360 l/s gestellt, verbunden mit einer Leistungssteigerung auf 11 MW. Scheinbar haben sie diese Reservekapazität schon von Anfang an eingeplant und können mit der Erhöhung von neuen Fördermitteln profitieren. Betreiber von sog. Grosswasserkraftwerken ab 10 MW haben seit 2025 Anspruch auf eine staatliche Marktprämie.
Die B KW behaupten, dass man die Erhöhung der Entnahmemenge kaum wahrnehmen werde, da mit dem Klimawandel die Abflussmenge wegen der erhöhten Gletscherschmelze zugenommen habe. Und so wollen die BKW die Haslitalerbevölkerung nochmals täuschen. Denn: die Gletscherfläche beträgt lediglich 1/6 des Einzugsgebietes, Tendenz schnell abnehmend. Der Abfluss wird vornehmlich durch Schneeschmelze und Sommerniederschläge gebildet. Und da stellen wir fest, dass Sommer und Herbst zunehmend trockener werden. Somit sind dann statt schäumende Überfälle vermehrt Restwassersituationen zu erwarten.
Der Regierungsrat hat die zahlreichen Einsprachen von Privaten und Organisationen gegen das Gesuch mit oberflächlichen Begründungen abgelehnt und dem Grossen Rat einen Konzessionsbeschluss unterbereitet. Vorgesehen ist, dass der Beschluss im Juni 2025 beraten wird. Nach einer allfälligen Konzessionserteilung muss die Referendumsfrist von 3 Monaten abgewartet werden. Danach können die Beschwerdeberechtigten den Beschluss beim Verwaltungsgericht anfechten.
Dem nicht genug: Statt alle vorgeschriebenen Stilllegungs- und Verlegungsmassnahmen umzusetzen, haben die BKW das WKW SH 2 an eine Stiftung verkauft und sich damit elegant und billig aus der Verantwortung gezogen. Diese Stiftung will nun das per Konzessionsbeschluss stillgelegte Kraftwerk mit der 100jährigen Druckleitung und einer Kapazität von 1400 l/s wieder zur Stromproduktion in Betrieb nehmen und auch noch einen Teil des Überschusswassers vom Reichenbachfall nutzen. Die alte, schwer zugängliche Zentrale will sie als Museum betreiben und während einigen Tagen pro Jahr für die Öffentlichkeit zugänglich machen.
Die zuständige Baudirektion hat die Konzession bereits erteilt, obwohl ein Beschluss zur Nutzungserweiterung vom WKW SH 3 noch aussteht. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig, lokale und nationale Organisationen haben Beschwerde beim Verwaltungsgericht eingereicht. Tenor: gegen einen zeitlich beschränkten Museumsbetrieb mit der dazu notwendigen geringen Triebwassermenge ist nichts einzuwenden. Hingegen wird die konzessionswidrige Wiederinbetriebnahme mit einer gewinnbringenden Stromproduktion abgelehnt.